Am 11. April 1988 sind die Don Camillos in Montmirail eingezogen

Am 11.April 1988 sind die Don Camillos in Montmirail eingezogen.
Zum 11. April 1988

In der großen Kurve bei Kerzers waren noch die Spuren eines schweren Unfalls zu sehen: große Flecken verbrannten Teers. Wir waren mit einem roten Ducato Bus von Basel unterwegs mit dem ersten Umzugsgut. Unsere Kinder bei den Grosseltern. Beim Tor von Montmirail musste man etwas zirkeln, eine Wasserleitung war gebrochen und wurde gerade repariert.

Im Hof erwarteten uns die Leute von der Brüdergemeine, Anne und Henning Schlimm, Christine und Paul-Peter Preiswerk, Frau von Staiger und wohl noch andere.

Felix Dürr, Bruno Stegmüller, Christoph Tschan, Barbara und ich zogen an diesem Tag ein. Corinne Dürr-Kalberer kam einige Tage später, Sandra Maître gehörte auch zu den ersten NeubewohnerInnen und zog bei uns mit ein. Ursi und Martin Eugster kamen wenige Wochen später.

Die Losung von dem Tag war eine grosse Unterstützung: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir“ (Psalm 139). Das haben wir erlebt. Auch der Lehrtext vom 12. April hat uns ermutigt: „Wer immer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück…“ Wir mussten nach vorne schauen.

Mit dem Einzug endete ein langer Suchprozess. Im Herbst 1986 waren wir in Bensheim zu einer Communitätsretraite. Wir überlegten, was wir suchen wollten. Dann begannen wir Häuser und Objekte anzuschauen. Einige ehemalige Uhrenfabriken standen zum Verkauf. Die hohen Räume mit den großen Fenstern haben uns sehr gefallen. Bald aber realisierten wir, dass wir mehr Platz benötigten für das, was wir uns vorstellten. Wie ein Wunder erschien uns deshalb die Information, dass die Brüdergemeine für das Internat in Montmirail einen neuen Träger und eine neue Verwendung suchte. Ein Wunder war es dann tatsächlich, dass die Brüdergemeine in Verhandlungen mit uns einstieg. Wir waren ja alle ziemlich jung und ziemlich unerfahren.

Am 11.April 1988 sind die Don Camillos in Montmirail eingezogen.

Im August 1987 konnten wir Montmirail das erste Mal besuchen.

Intensive Verhandlungen begannen. Das Ziel war, einen Pachtvertrag auszuhandeln.

Im Frühjahr 1988 waren die Verhandlungen praktisch abgeschlossen, als wir realisierten, dass die Pacht kein geeigneter Rahmen für dieses Projekt war. Wir legten der Brüdergemeine den Vorschlag vor, Montmirail im Baurecht zu übernehmen. Der Einzugstermin, April 1988, war aber schon festgelegt, wir hatten unsere Wohnungen und Arbeitsstellen schon gekündigt. Mit einer einfachen Vereinbarung, dass wir bis Ende 1988 einen Vertrag aushandeln wollten, zogen wir ein. Sollte es nicht gelingen, einen Vertrag fertig zu stellen, würden wir wieder ausziehen und keine der Parteien würde Forderungen an die andere stellen.

Kurz vor dem Umzug waren wir nach Ralligen eingeladen zur Ostertagung. Wir sollten von unserem Projekt erzählen. Die Begegnung mit den Menschen dort hat uns sehr ermutigt. Ein Ehepaar legte uns einen Scheck über 10.000 Franken ins Zimmer. Wir waren sprachlos und sehr dankbar. Ich hatte noch nie eine so große Zahl auf einem Scheck gesehen….

Mit dieser Ermutigung im Rücken begannen wir das Experiment und wagten den Anfang in Montmirail. Im Tagebuch (leider doch nicht sehr regelmässig geführt!) habe ich folgende Notiz gefunden: 

„Die ersten Arbeiten beginnen zügig. Park und Garten erfordern viel Kraft. Baubüro, Büro GS, ein Zimmer für Christoph und Felix und der kleine Saal werden neu gestrichen und renoviert. Täglich reichen die Finanzen. Kleine und große Spenden gehen auf unser Postcheque-Konto ein. Immer wieder aber beten wir auch um Mittel, weil wir große Rechnungen erahnen. Ein Tag ist mir besonders geblieben. Denn am gleichen Tag bekamen wir eine grosse Heizöl-Rechnung und zwei Spenden, die den Betrag decken.
Nach einem Monat, am 11. Mai, kommen die ersten Gäste. Eine Retraite der Brüdergemeine und eine Gruppe der Friedensgasse mit Kathrin und Pierre Brunner. So grundverschieden die beiden Gruppen sind, so gut geht es doch im Haus. Alles ist neu für uns: Gäste empfangen, kochen, servieren, aber auch da erleben wir: Gott hält seine Hand über uns. Nichts misslingt.“

Heute nach 35 Jahren zurück zu schauen, ist sehr spannend und Grund für viel Dankbarkeit.

Georg Schubert
Berlin, 3. April 2023

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