Tschan-Kai-Cheks Pelzmantel

Am Samstag fuhren wir mit der Bahn von Basel nach Hause mit Überresten des Pelzmantels von Frau Tschan-Kai-Chek im Gepäck. Das kam so: Der Vater des Mannes meiner in den USA lebende Tante war ein berühmter Arzt, der unter anderem die Familie des Staatsgründers der Republik Taiwan behandelte. Als Dank schenkte ihm die Frau einen Pelzmantel, der später in den Besitz meiner Tante überging. Sie, keine Pelzträgerin, verarbeitete den Mantel Stück für Stück in kleine Pelzmäntelchen, Stolas und Muffs für Puppen, die sie verschenkte, unter anderem an Kinder aus armen Familien.
Es war ein eigentümliches Gefühl, mit einem Material im Rucksack in der Gegend herumzufahren, das für ein Stück Weltgeschichte steht. Die Pelzresten gaben mir zu denken, weil sie mich daran erinnerten, dass wir alle viel mehr verhängt und vernetzt und verbunden sind, als wir ahnen. Manchmal taucht eine Verbindung plötzlich auf, wie in diesem Fall, und sie ist anregend. Anderes, und manches, was verborgen bleibt, kann uns belasten und verhindern.
Das rätselhafte Wort von Jesus aus Johannes 8, dass der Sohn «recht frei» mache, ist mir schon lange lieb und teuer. Es bedeutet, dass die tausend Fäden, mit denen wir verbunden und umwickelt sind, unsere Bewegungsfreiheit als Kinder Gottes nicht einzuschränken vermögen.
19.8.25 von Heiner Schubert